Tischlerei Petrović

Interview mit Ron Petrović und Anne Engel

Das Fachmagazin architektur international (ai) hatte die Gelegenheit, Ron (RP) Tischlermeister und Inhaber der Bremer Tischlerei Petrović, und Anne Engel (AE), Innenarchitektin und Leitung der Abteilung Interieur Design bei der Tischlerei Petrović, einige Fragen zur Unternehmensentwicklung und zu wegweisenden Projekten zu stellen.


ai: Herr Petrović, Ihre Tischlerei, wenn dieser Begriff noch passt, hat eine dynamische Entwicklung hinter sich. Wie würden Sie in einem Satz beschreiben, wo Sie heute stehen?


RP: Gute Frage! Wenn ich das kurz und knapp auf den Punkt bringen müsste, würde ich sagen: Wir stehen am Anfang unserer Reise. Obwohl wir bereits seit sieben Jahren am Markt sind, habe ich erst jetzt das klare Bild vor Augen, wie es weitergehen soll.

ai: Erst jetzt?


RP: Es gab vorab einige Schlenker und Nebenwege, im Grunde ein Ausprobieren und Testen, was könnten echte Schwerpunkte für uns werden, was fühlt sich gut an, was ist purer Stress? In dieser Testphase gab es Projekte, die Nerven, Zeit und Geld gekostet haben. Es war herausfordernd, zu lernen, wie wichtig eine eigene Handschrift ist, wie sich unsere Werte formulieren und wie notwendig eine spitze Positionierung ist. Das Thema Küchen hat mir hier die Augen geöffnet.


ai: Was ist da passiert?

RP: Mit unserem Produkt Küchen war ich anfangs vielleicht ein wenig zu schüchtern, was gar nicht meine Art ist (lacht) und ein wenig zu angepasst. Ich habe auf einen breiten Markt gesetzt, ohne mir Bremen und das Umfeld genau anzuschauen. Im Grunde habe ich mich hier auf die einfache Formel verlassen: Küchen plus Tischlerei – das passt. Aber Küchen bieten tausend Möglichkeiten und trotzdem wurde es dann doch immer die gute alte weiße Lackküche. Was stimmte nicht? Denn wir sind schnell, gut, verlässlich, sorgfältig und haben ein riesiges Angebot.


ai: Und was stimmte nicht?


Wir konnten unsere Power nicht voll ausspielen. Küchen sind ein relativ begrenzter Spielraum trotz ihrer Vielzahl an Gestaltungsvarianten. Eine maßgeschneiderte Küche ist und bleibt ein klar definierter Funktionsraum. Sicherlich, er integriert andere Lebensbereiche, ist zentraler Lebensmittelpunkt, aber unsere Stärke liegt im großen Wurf. Begrenzte Systeme schön und gut, aber das ist reine Produktion. Wenn wir individuelle Systeme schaffen, die das Gesamtkonzept stützen, dann sind wir gut und drehen auf. Im Yachtausbau haben wir zum Beispiel gesehen, wir können Räume, wir können Design, wir wissen, wie wir Qualität herstellen. Auf kleinstem Raum optimale und luxuriöse Lösungen schaffen und dabei in kürzester Zeit höchsten Ansprüchen gerecht werden, alles klar! Das Prinzip haben wir auf Gastronomie und Hotellerie skaliert und es funktioniert.

ai: An solche anspruchsvollen Aufträge muss man auch erstmal herankommen.


RP: Vollkommen richtig. Aber schon bei den Küchen haben wir eng mit Innenarchitekten und Designbüros zusammengearbeitet. Diese Kontakte haben letztlich ein solides Vertrauen in unsere Leistung aufgebaut und eine Menge Aufträge bei uns ausgelöst. Manche konnten wir nicht stemmen, andere haben wir mit Bravour erledigt. Das waren quasi wichtige thematische Vorarbeiten, die uns die Tür zum Interior Design geöffnet haben.


ai: Apropos Tür. Welche Projekte waren die klassischen Türöffner?


RP: Die ersten Projekte waren zunächst ganz klar in und um Bremen, nachdem wir hier gut performt haben und den Anspruch auch internationaler Kunden erfüllt haben, hat unser Umkreis sich immer weiter vergrößert. Mehrere Hotels in Bremen und Hamburg sowie das Bremer Restaurant Chapeau La Vache und das Café Wichtig in Timmendorf gehörten definitiv zu diesen Türöffnern. Mit dieser neuen Reichweite ging auch eine Erweiterung unseres Portfolios einher. Hotellerie und Gastronomie haben ab da einfach immer wieder angeklopft.

ai: An welchem Punkt ist Frau Engel dazugestoßen?


AE: Wir haben vor unserer Fusion (lacht) 2022 bereits einige größere Projekte gemeinsam gestemmt. Ron auch als Generalunternehmer. Das hat immer wieder besonders gut funktioniert.


RP: So gut, dass ich auf diese gemeinsame Zusammenarbeit nicht mehr verzichten wollte.


ai: Wie kam es zum ersten Projekt, das Ihrer beider Handschrift trägt? Das Restaurant La Cabane ist ja ihr erstes gemeinsames Baby in dieser Besetzung, richtig?


P: Hier gibt es eine Vorgeschichte. Das erwähnte Chapeau La Vache, ein gehobenes Restaurant direkt an der Grenze zum Bremer Bürgerpark, das ich ja bereits ausgestattet hatte, hat denselben Investor wie das La Cabane. Dass Anne hier im Folgegeschäft komplette Freiheit in der Ausgestaltung hatte, war sicherlich auch ein guter Grund, nach Bremen zu wechseln und ein internationales Designbüro gegen eine Tischlerei aus dem Bremer Norden zu tauschen.


AE: Auch! Das Besondere an dir ist, dass du Vertrauen schenkst. Das schätze ich sehr. Natürlich ist es mir sehr wichtig, wirksam zu sein und meine Ideen auch umgesetzt zu sehen, das ist ein schöner Teil meines Jobs. Ron hat die außergewöhnliche Fähigkeit eines Matchmakers. Er bringt Menschen zusammen, damit sie gemeinsam Außerordentliches leisten. Eine Gabe, die die Zusammenarbeit leicht und flüssig macht, wenn es erstmal läuft.


RP: Danke dir!


ai: Zurück zum La Cabane.


AE: Genau. Wir haben zunächst ganz klassisch eine Ortsbegehung gemacht und das Umfeld eingeatmet. Das Objekt liegt sehr ländlich und etwas außerhalb. Ganz ähnlich wie die Hamptons und New York City. Eine große Veranda mischt sich mit ein paar Schwedenhaus-Attributen, dazu wurde auf das Objekt noch ein Stockwerk aufgesetzt. Auf den ersten Blick eher ungewöhnlich als exklusiv, mehr Steakhouse als Brasserie. Für mich als erste Aufgabe: Wie kriege ich hier Luft und Leichtigkeit rein, wie ein Flair französischen Lebensgefühls, und das Bodenständige, Kumpelhafte raus, sodass die exklusive Küche einen entsprechenden Rahmen hat.


RP: Das Gesamtpaket beinhaltete auch: Hier kann man ungezwungen einen Kaffee trinken – hallo Laufkundschaft – aber im Gegensatz dazu gibt es auch eine Eventlocation, um das Potenzial des Restaurants voll auszuspielen. Im Grunde multifunktional auf hohem Niveau.


AE: Das Zoning des Hauptraumes habe ich dementsprechend in den Barbereich und die sich hier angliedernde Brasserie geteilt. Dann trennt eine große Glasschiebetür ein Séparée vom rechteckigen Hauptgastraum ab und gliedert so das Restaurant in drei Bereiche. Im Restaurant dominieren natürlicherweise Bank- und Einzelsitze, wobei in der Brasserie intimere Situationen bequem möglich sind. Diese verschiedenen Möglichkeiten in einem Raum zu schaffen, war die handwerkliche und gestalterische Herausforderung.


RP: Im Innenraum ist das Thema Licht wesentlich. Anne hat zusammen mit dem Lichtplaner einen traditionellen Kronleuchter mit modernen Spots und eleganten, handwerklich anmutenden Wandleuchten kontrastiert. Auch wurde in fast jedem Möbel indirektes Licht eingesetzt, dies schafft abends eine besondere Atmosphäre.


AE: Weiteres Highlight: natürlich die Sanitäranlagen (lacht). Gerne wird hier üblicherweise die Gestaltung ein wenig runtergefahren und stark funktionalisiert gespielt. Das Erlebnis des Gastes reißt abrupt ab und versetzt ihn in eine Keramik-Parallelwelt. Unser Anspruch an Gestaltung, Licht und Details wurde an diesem „Touchpoint“ konsequent durchgezogen. Meine Idee war, eine kleine Oase zu schaffen, damit der Gast mit einem Lächeln wieder im Gastraum ankommt.


RP: Hat funktioniert.

ai: Wieso halten große Büros einer mittelgroßen Tischlerei die Treue?


RP: Wir waren vor allem immer eins: verlässlich. Wenn mir ein Kunde sein Vertrauen schenkt, dann freut und ehrt mich das. Ich denke, das Spüren unsere Auftraggeber. Auf der anderen Seite ist das Thema Design nicht unbedingt in jeder Tischlerei auch wirklich verankert.


AE: Die Tischlerei Petrović ist heute keine gewöhnliche Tischlerei mehr. Wenn Sie sich das Corporate Design und die Kommunikation genauer ansehen, dann hat das alles einen sehr ästhetischen und modernen Charakter, ist aber auch geprägt von einer sehr individuellen Kundenansprache.


RP: Wir sagen das, was wir denken, und zensieren uns untereinander nicht. Ich bin stolz darauf, dass meine kleine Marke ein Gesicht und eine Stimme hat, die sie unverwechselbar machen. Und dass wir unseren eigenen und den Design- und Gestaltungsanspruch unserer Kunden auch umgesetzt kriegen.


ai: Wie sieht die Zukunft aus?


RP: Natürlich rosig (lacht). Ernsthaft, ich habe einen gewissen Anspruch an mich, meine Mannschaft und an die Projekte, die wir in Zukunft realisieren wollen. Der Schritt, Frau Engel an Bord zu holen, war für mich nur konsequent. Wir können so noch eher den Schulterschluss mit dem Kunden suchen und haben im Projekt sehr viel kürzere Wege. Aber viel wichtiger: Wir haben eine sehr hohe Designkompetenz im Haus. Anne Engel hat einen faszinierenden Blick für Ästhetik und Design, der uns immer wieder gezeigt hat, wie sich neue Wege gehen lassen. Es sind uns quasi Flügel gewachsen (lacht). So sind wir schließlich auch auf die Idee gekommen, in die USA und England zu expandieren, um unser Know-how und eben diese Konzeptions- und Entwurfsdienstleistungen und ganz klar die Designsprache, die wir jetzt entwickeln, einem noch breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die Expansion in diese neuen Märkte ist derzeit in der Vorbereitungsphase und verdammt aufregend. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir mit der Unterstützung von Anne Engel und unserem Team auch in diesen Ländern erfolgreich sein werden.


ai: Vielen Dank für das Gespräch.



Mehr informationen unter:
www.tischlerei-petrovic.de


Fotonachweis: Studio EM Elisa Meyer

Firmengeschichte

Im April 2015 übernahm Tischlermeister Ron Petrović die 1980 gegründete Tischlerei Röhrs-Besing. Unter seiner Führung hat das Bremer Unternehmen es geschafft, neue Kunden und Märkte zu akquirieren sowie strategische Partnerschaften mit international agierenden Designbüros aufzubauen. Die Tischlerei Petrović hat ihre Produktpalette in den letzten Jahren konsequent erweitert und ist auf komplexe internationale Designaufträge spezialisiert. 2022/2023 wurde die Bremer Tischlerei Harms übernommen und eine eigene Interior-Design-Abteilung ins Leben gerufen.

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