Straubinger Grand Hotel, Bad Gastein

Zurückhaltende Eleganz


Straubinger Grand Hotel, Bad Gastein

BWM Designers & Architects, Wien


Das zwischen 1791 und 1888 erbaute Ensemble Hotel Straubinger, Badeschloss und Alte Post, prägt seit jeher das Zentrum des beliebten Kurortes Bad Gastein und steht unter Denkmalschutz. Im Herbst 2023 wurden umfangreiche Modernisierungsarbeiten abgeschlossen, nach denen die Häuser in neuen Glanz erstrahlen. Dafür haben BWM Designers & Architects ein anspruchsvolles Hotelkonzept entwickelt, das weit über das reine Gebäude hinaus gedacht ist, und zeichneten als Generalplaner für die gesamte Umsetzung verantwortlich. Die neuen Hotels, auf Vier-Sterne-Superior- und Fünf-Sterne-Niveau, sollen den Straubingerplatz für Gäste und die lokale Bevölkerung gleichermaßen wieder als beliebten Ortskern etablieren. Das Hotelkonzept des Wiener Architekturbüros, das auf eine lange Liste erfolgreich umgesetzter Hospitality-Projekte zurückblicken kann, ist entsprechend offen angelegt und größer gefasst als rein die zu gestaltenden 18.000 Quadratmeter. „Unseren planerischen Gedanken geht auch immer eine genaue historische Analyse voran – frei nach Adolf Loos – man kann alles verändern, wenn man weiß, was man verändert“, führt BWM-Designer & Architekt Erich Bernard aus. Bei der Revitalisierung der denkmalgeschützten Gebäude war ein äußerst sensibler Umgang mit der Substanz gefordert. Jegliche Arbeiten erfolgten in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt sowie in Abstimmung mit der Gemeinde. „Für uns ist es wichtig, mit den Spuren und Schichten der Vergangenheit zu arbeiten und nicht gegen sie. Denn von ihnen geht der Charme aus und der besondere Reiz, der alte Gebäude auch so anziehend macht und ihnen einen besonderen Wert verleiht,“ erklärt Bernard weiter.


Ein lebendiger Ort

Das Konzept von BWM Designers & Architects zielt darauf ab, den Straubingerplatz in seiner Gesamtheit mit neuem Leben zu erfüllen und wieder zu jenem lebendigen Herzstück von Gastein zu machen, das er einmal war. Mit viel Expertise, Behutsamkeit und Herzblut wurden die direkt an einem Wasserfall gelegenen Hotels renoviert und unter der Marke der Travel Charme Hotels & Resorts eröffnet. Gemeinsam mit moodley brand identity wurde eine Markenphilosophie für das Ensemble entwickelt. Benannt nach der legendären Gasteiner Familie erweist das neue Hotel Straubinger dem ehemaligen Grandhotel eine Hommage und wurde geboren aus den Facetten seiner Vergangenheit, zu neuer Größe erweckt – es besticht durch zurückhaltende Eleganz und eine bewegende Grandezza. Im angrenzenden Badeschloss wird gleichsam die Geschichte zelebriert und mit der Badekultur kokettiert – ein lebendiger, gemeinschaftlicher Ort ist entstanden, Tradition trifft auf Moderne. Das Interior Design Konzept entstand teilweise in Anlehnung an das Stück „Mystery Sonatas/for Rosa” der beglischen Choreografin Anne Theres de Keersmaker.

Kuratiertes Kunstkonzept

Für beide Häuser wurde ein eigens kuratiertes Kunstkonzept von BWM Designers & Architects in Kooperation mit Andrea von Goetz und Schwanenfliess, Initiatorin und Mastermind des renommierten Kunstfestiavls sommer.frische.kunst sowie art.bad.gastein, ausgearbeitet – Künstler und Künstlerinnen aus dem heimischen Bad Gastein und ferneren Ländern wie die USA bzw. Südafrika finden sich hier wieder. Eine kleine feine Auswahl von Positionen zeitgenössischer Kunst, die sowohl mit dem Ort Bad Gastein und seiner Tradition und Historie als auch mit der Position im Hotel interagieren. Ergänzt wird dies mit einem auf die beiden Hotels abgestimmten Pflanzen- und Stylingkonzept von BWM in Kooperation mit Atelier Peter Weisz. So finden sich etwa im Saal des Grand Hotel Straubingers über zwei Meter hohe Goldfruchtpalmen, die den üppigen französischen Flair unterstreichen. Das Badeschloss wiederum wurde mit Pflanzen ausgestattet, die den Retro-Badelook verstärken. Das Deko- und Stylingkonzept folgt gleichsam dem Storytelling der „Schichten der Vergangenheit“. Im Sinne des Geistes des jeweiligen Hauses wurde jedes Detail, ob objets trouvés verschiedener Epochen, ausgesuchte Coffee Table Books oder klassische wie zeitgenössische Literatur, entsprechend liebevoll arrangiert.


Dem Bestand verbunden

Betritt man das alte neue Grand Hotel Straubinger umfängt einen sofort die Geschichte des ehrwürdigen Hauses. Im historischen Empfangsbereich wird den Gästen die Zimmerkarte einem Schmuckstück gleich, aus einer mit Samt ausgelegten Lade gereicht. Geradeaus führt die prominente Treppe zu den oberen Stockwerken, rechterhand öffnet sich der F&B Bereich. Das Cafe ist mittels Flügeltüren zum Straubingerplatz hin geöffnet und besetzt mit gesamt knapp 40 Sitzplätzen die 1. Reihe prominent am Platz. Direkt angereiht folgen die nach vorne durchgesteckte Bar sowie der Salon für den Ausklang des Tages, der je nach Wunsch mittels einer Vorhang-Inszenierung zusätzlich abgetrennt werden kann. Gemäß dem Motto „Arbeiten mit den Schichten der Vergangenheit“ findet sich in allen Bereichen eine kontrastreiche Mischung als Alt und Neu, so trifft etwa Bestandsvertäfelung auf zeitgenössisch adaptierte Wandververkleidung. „Möblierung wie Farbgebung werden passend zur Tageszeit der Nutzung in den jeweiligen Bereichen immer dunkler“, führt BWM-Projektleiterin Marlene Gesierich aus.


Zeitgenössisch ergänzt

Aus dem ehemaligen Eingang zum Restaurant wurde ein Private Dining Room für zehn Personen, der mit freigelegter Wandmalerei besticht. Gleich anschließend in einem vorgelagerten Neubau mit raumhohen Verglasungen befindet sich das heutige, neue Entree für den großen Saal, in welchen sich die Fassade hineinzieht. Im Zuge der behutsamen Restaurierung kamen Gold-Akzente sowie die alte Decke an den Seitentrakten wieder zum Vorschein – Bestand ist und bleibt Bestand, was nicht instandgesetzt werden konnte, wurde mit größter Bedacht zeitgenössisch ergänzt. Im 86 Sitzplätze fassenden Saal dominieren moderne, frische Farben wie Grün, Apricot oder Bernsteinorange. Eine großzügige Bepflanzung sowie die instandgesetzten Lobmeyr-Wandapliken und ein neuer Luster vermitteln französisches Flair. Feinjustierte Farben und Muster wie etwa das Orange der Säulen oder Stuccolustro bestimmen den 195 Quadratmeter großen Saal. Der denkmalgeschützte Eichen-Massivholz-Parkett wurde in seiner Ursprünglichkeit wieder hergestellt. In der Mitte des Raumes, auf einem eigens gestalteten Teppich, der grafisch die Deckenrosette wieder aufnimmt, wurde ein Highlight-Table designt, darauf mittig platziert und in Szene gesetzt ein Luster aus den Lobmeyr-Werkstätten, eine Reminiszenz an das verschwundene Original. Zwei Balkone laden mit Blick auf die Kirche zum Austritt ein. Im Untergeschoss wurde der Weinkeller, gleichsam mit Balkon und Blick auf die Kirche, angesiedelt, der in den so genannten Chefs Table übergeht, einen länglichen Raum mit Kappengewölbe und Sichtverbindung zur Küche. Die alte Holzdecke musste getauscht werden, aus den daraus gewonnenen thermobehandelten Dippelbaumträgern wurde der für 14 Personen ausgelegte Chefstable gefertigt. Der Wine Dine Bereich besticht mit alten, schmiedeeisernen Bestandsleuchten und Terrakotta-Fliesen für die Tisch-Oberflächen.

In die Landschaft hinausschwimmen

Linkerhand des Eingangs, auf der Westseite des Hauses erstreckt sich über die drei oberen Stockwerke der Spabereich. Von der Lobby im Erdgeschoss geht es zuerst in einen als Schachbrett – inklusive Figuren – gepflasterten Innnenhof, dem Fliesen-Schachbrettmuster der ursprünglichen Treatmenträume nachempfunden. Ein wiederkehrendes Muster, das sich etwa – wenngleich in unterschiedlicher Farbgestaltung – auch in den Toiletten, den Gängen oder der Spa-Rezeption wiederfindet. Im Zwischengeschoss finden sich die heutigen fünf Treatmenträume sowie vier Spa-Suiten – großzügige Zimmer mit freistehender Badewanne, zu Duschen umfunktionierten alten Bodenbecken und integrierter Zirbensauna. Über dem ursprünglichen Thermal-Bädertrakt wurde eine neue Pool-Landschaft errichtet, mit Blick über das Gasteiner Tal, in dem man gleichsam „in die Landschaft hinausschwimmen“ kann – mit dem Rauschen des neben gelegenen Wasserfall als Untermalung. Der gesamt knapp 700 Quadratmeter umfassende Spabereich geht fließend vom Altin den Neubau über. Im 1. Obergeschoss gelangt man von Rezeption und Fitnesstrakt im Bestand in den Neubau mit Outdoor-Infinity- und Innenpool. Der Saunabereich mit Panoramasaunen liegt im Dachgeschoss, im 2. Obergeschoss befindet sich der Ruhebereich mit Kamin und Holzlager. Farblich leicht maritim gehalten, besticht der Spabereich mit einer Mischung aus Thermoesche, Sichtbeton und Chrom-Holz-Details. Die Decke über dem Pool wurde in Blau verfliest, der Ruheberich mit einer Holzlamellen-Akustikdecke ausgestattet.


Freier Blick

Der Baukörper im Anschluss an das Haus Straubingerplatz 1 konnte in seiner Struktur oberhalb der neuen Poolterrasse nicht erhalten werden und wurde entsprechend neu geplant, als leichter Glasvorbau mit vorgesetzter Lamellenfassade in den beiden oberen Geschossen. „Durch die großflächige Verglasung ist der Baukörper zum Tal hin geöffnet, den Gästen bietet sich ein freier Blick auf die umliegende Landschaft. Die vorgesetzten Holzlamellen wiederum verhindern unerwünschte Einblicke, sodass die Intimität der Räume gewährleistet bleibt“, erklärt Markus Kaplan, BWM Designers & Architects. Ganz nebenbei wurde mit dieser Neugestaltung auch die ursprüngliche Fuge zwischen Hotel Straubinger und Haus Straubingerplatz 1 wieder geöffnet, die erst Anfang des 20. Jahrhunderts baulich geschlossen wurde.


Einem Gemälde gleich

In den 46 Zimmern des Hotel Straubinger geht es gleichsam darum die Geschichte zu bewahren und mit neuen Elementen würdig zu ergänzen. Im Sinne eines „Neuen Luxus“ wird mit besonderen Reizen und der Authentizität des historischen Bestandes gearbeitet, die den Ort einzigartig machen. Die Patina an den historischen Wänden, die Original-Türen und andere erhaltene Bauteile sind wertvolle Spuren, die vorsichtig ergänzt werden, um aktuellen Normen und Anforderungen zu genügen. Die Gesamtkomposition der Farben und des Lichtes im Raum ist inspiriert von Farb- und Lichtimpressionen historischer Ölgemälde, ein ausdrucksstarkes Spiel aus Hell und Dunkel in tiefen kräftigen Tönen ist das Ergebnis. Der Bestand wird größtmöglich erhalten und wirkt als wäre er bis zu einer gedachten „Benutzungslinie“ wie in dunkle Ölfarbe getaucht, darüber hinaus bleibt er unangetastet.

Projektinformationen

Objekt: Straubinger Grand Hotel, Bad Gastein
(www.travelcharme.com/hotels/straubinger)

Architekten: BWM Designers & Architects, Wien
(www.bwm.at)

Fotos: BWM Designers & Architects


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